BIEST
Mythos

Ausstellung: BIEST oder da hast du deinen Mythos, Bar Babette, Berlin, 2014

Foto (links): Tobias Kruse/OSTKREUZ
Foto (rechts): Michael Schnelle
Band: Herrenwieser House Ensemble
DJ: The Golden Calf

mit Fotografien von Nadja Ritter, Ina Schoenenburg/OSTKREUZ, Tobias Kruse/OSTKREUZ, Matthias Walendy

Kleiner Exkurs: „All modern art is homosexual“ lautet ein berühmtes Diktum des Übervaters Marcel Duchamp. Seine Überzeugung bezog er aus der Wahrnehmung, dass die Kunst ihre Lust aus ihrem Selbstbezug, ja geradewegs aus dem Begehren ihrer selbst bezöge. Damit stehen wir am Anfang des 20. Jahrhunderts. Und heute?

Mit Blick auf das aktuelle Treiben (ob nun in der Kunst, dem Design, der Fotografie, des Ganzen) mag es scheinen, dass der spätestens seit den 1960er Jahren wenn nicht in Verruf geratene, so doch zumindest höchst kontrovers diskutierte Subjekt-, Genie-, Originalitäts- und Künstlerkult wieder zu vollem Leben erwacht ist. Wir erleben, als hätte es all das Streben und Eifern der vormaligen (Künstler-) Generationen nicht gegeben, an nicht wenigen Persönlichkeiten das, wenn auch mumienhafte, Auferstehen des lang tot geglaubten Autors, ja des mythosumwaberten Genies und der genauso lang und oft totgesagten Medien wie z.B. der (figürlichen) Malerei. Die Wiederkehr des immer Neuen.

Wir müssen also – drastisch formuliert – eher die Wiederholung der Wiederholung sowohl in der Kunst selbst, als auch in ihrer Rezeption, Theorie und somit ihrer Kritik feststellen. Und ein wiederkehrendes Merkmal ist denn auch die Erkenntnis, dass es das primäre Anliegen vieler Kunstpraktiken zu sein scheint, zuallererst mit Konventionen brechen zu wollen. Und so kennt jede Generation ästhetischen Schaffens ihren Versuch, die Regelverletzung durch- und vorzuführen und (z. B.) Originalität zu verweigern. Nein, es seinen hier keinesfalls Originalität und Individualität zu einem Smoothy verrührt!

Doch zeigt sich schnell, dass gerade wenn der Gestus des Traditionsbruchs so vehement vorgetragen wird – also mit dem Prinzip des Anders-Seins dem Originalitäts-Imperativ nur einmal mehr gehorcht wird. So wie die Kunst selbst sich ihrer Tradition, Vorgänger und Herleitungen bewusst ist, ist es doch genauso der Betrachter. Grenzüberschreitungen können nur wahrgenommen werden, wenn selbst die Grenze eine Grenze hat. Alles, was sich darüber ‚hinaus’ bewegen würde, wäre schlicht ‚unsichtbar’, weil ‚unlesbar’.

Wieder zurück: Wie zäh und geschichtshörig, bis nach Lebensende zu warten, dass endlich einmal alle dahinter kommen, dass jemand oder etwas den Status Mythos verpasst bekommen sollte. Man könnte die Ausstellung „BIEST oder da hast du deinen Mythos“ mit den Fotografien von Ina Schoenenburg, Tobias Kruse, Nadja Ritter und Matthias Walendy getrost als kleine Vorwegnahme dieses – andernfalls ja doch der Willkür unterworfenen – Zuschreibungsprozesses werten, muss man aber nicht. Die vier Fotografen haben BIEST seit ihrer Gründung begleitet; in eben allen Lebens- und Schaffenslagen. Waren diese Aufnahmen für ein Außen? Jetzt sind sie es! Vielleicht muss am Ende doch eher von einer kleinen Retrospektive BIESTs gesprochen werden. Lang ist’s her und wie schön, dass ein jeder sieht, wie er sieht.

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